Frakturen
verstehen

Könnte es Osteoporose sein?

Osteoporose – oft auch „Knochenschwund“ genannt – ist eine Erkrankung, bei der die Knochen an Stabilität verlieren. Das passiert, wenn das natürliche Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau gestört ist. Die Knochen werden poröser, dünner und können schon bei kleinen Belastungen brechen. Osteoporose entwickelt sich meist schleichend und bleibt lange unbemerkt – oft ist ein Knochenbruch das erste Anzeichen.

Volkskrankheit Osteoporose

> 5 Millionen
Betroffene

6,1 % der Bevölkerung

80 %

davon sind Frauen

In Deutschland sind mehr als 5 Millionen Menschen von Osteoporose betroffen – die meisten merken es lange nicht. Jedes Jahr kommt es zu über 830.000 Frakturen, die auf die Erkrankung zurückzuführen sind. Besonders häufig sind Brüche an Hüfte, Wirbelsäule und Unterarm. Frauen sind dabei deutlich häufiger betroffen als Männer, doch auch bei Männern steigt das Risiko mit zunehmendem Alter deutlich an.

Neben dem persönlichen Schicksal verursacht die Erkrankung auch große volkswirtschaftliche Schäden. Osteoporosebedingte Frakturen führen bei den gesetzlichen Krankenkassen zu jährlichen Kosten von fast 14 Milliarden Euro – denen lediglich rund 250 Millionen Euro für Therapie gegenüberstehen. Studien zeigen, dass eine leitliniengerechte Therapie die Krankenhauskosten von osteoporosebedingten Frakturen um etwa 40 % senken könnte.

831.000*

Neue osteoporosebedingte Frakturen pro Jahr



*Stand 2019

2300

Frakturen pro Tag

95

Frakturen pro Stunde

1

Fraktur alle
38 Sekunden

Risikofaktoren

Das Risiko für Osteoporose steigt mit dem Alter exponentiell an – vor allem durch die Veränderung des Hormonhaushalts nach den Wechseljahren. Frauen sind deshalb besonders gefährdet. Doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle: chronisch entzündliche Erkrankungen der Schilddrüse, erbliche Veranlagung, Bewegungsmangel, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Untergewicht oder eine Ernährung mit zu wenig Kalzium und Vitamin D. Auch bestimmte Medikamente wie Kortison oder antihormonelle Therapien im Rahmen der Nachbehandlung von Brustkrebs (Aromatasehemmer) können den Knochenabbau beschleunigen. Wer mehrere dieser Risikofaktoren aufweist, sollte besonders aufmerksam sein.

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Risikofaktoren

im Detail

Kategorie
Risikofaktor
Erklärung

Unveränderbare
Faktoren

Alter

Je älter man wird, desto höher ist das Risiko für Knochenbrüche.
Ab 50 steigt es deutlich alle 10 Jahre.

Geschlecht

Frauen nach den Wechseljahren sind besonders gefährdet.

Vererbung

Wenn ein Elternteil schon einen Oberschenkelhalsbruch hatte, ist das eigene Risiko höher.

Beeinflussbare Faktoren (Lebensstil)

Untergewicht

Sehr schlanke Menschen (BMI unter 20) haben ein höheres Risiko.

Rauchen

Rauchen schadet ebenfalls den Knochen.

Bewegungsmangel

Wer sich wenig bewegt, verliert schneller an Knochenstabilität.

Mangel an Kalzium/
Vitamin D

Zu wenig Milchprodukte oder grünes Gemüse können zu Knochenabbau führen.

Erkrankungen, die die Knochen schwächen können

Diabetes

Sowohl Typ 1 als auch Typ 2 können das Risiko erhöhen.

Störungen des Hormonhaushaltes

Erkrankungen der Schilddrüse (Überfunktion), Nebenschilddrüse oder ein Mangel an männlichen Hormonen beim Mann.

Andere Krankheiten

Herzschwäche, Nierenschwäche, Rheuma (z. B. Morbus Bechterew, Rheumatoide Arthritis, Lupus), Lungenerkrankungen wie COPD oder Asthma, HIV, Magen-Operationen, Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder chronische Darmentzündungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).

Medikamente, die die Knochen schwächen können

Kortison

Wenn länger als 3 Monate über 7,5 mg täglich eingenommen werden.

Magenschutzmittel (PPI)

Wenn sie über längere Zeit eingenommen werden.

Krebsmedikamente

Bestimmte Medikamente bei Brustkrebs (Aromatasehemmer) oder beim Mann bei Prostatakrebs (antihormonelle Therapie).

Lebenszeitrisiko für Frakturen

Lebenszeitrisiko für osteoporosebedingte Knochenbrüche ab 50 Jahren

1 von 3

Frauen im Laufe ihres
Lebens betroffen

1 von 5

Männern im Laufe ihres
Lebens betroffen

Anzahl Hüftfrakturen
pro 100.000 pro Jahr

Diagnostik

Osteoporose bleibt oft lange unbemerkt – deshalb ist eine gezielte Untersuchung wichtig. Die wichtigste Methode ist die Knochendichtemessung. Sie ist schmerzfrei, dauert nur wenige Minuten und zeigt, wie stabil die Knochen sind.

Bei einer Knochendichtemessung – medizinisch auch BMD-Messung (Bone Mineral Density) genannt – wird meist die DXA-Methode eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine schonende Röntgenuntersuchung, die den Mineralgehalt der Knochen misst, vor allem an Stellen, die besonders häufig brechen: am Oberschenkelhals und an den Lendenwirbeln. Ein wichtiges Ergebnis ist der sogenannte T-Wert (T-Score): Je niedriger dieser Wert ist, desto geringer ist die Knochendichte – und desto höher das Risiko für Knochenbrüche.

Zusätzlich kann die Ärztin oder der Arzt im Rahmen der Basisdiagnostik Blutwerte prüfen und Röntgenbilder anfertigen, um das Risiko für Knochenbrüche besser einzuschätzen und eventuell bereits vorliegende Frakturen zu diagnostizieren. Insbesondere nach der Menopause – oder bei Vorliegen von Risikofaktoren wie z. B. einer Überfunktion der Schilddrüse oder der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten wie Kortison – sollten Frauen ihre behandelnde Ärztin oder ihren behandelnden Arzt darauf ansprechen. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser lässt sich Osteoporose behandeln und weitere Brüche verhindern.

Praxisbeispiel

Situation
Empfehlung

Frauen nach den Wechseljahren und/oder Frauen und Männer über 50 Jahren mit relevanten Risikofaktoren wie:

  • einem kürzlichen Knochenbruch an einer typischen Stelle (z. B. Wirbelkörper, Oberschenkelhals)
  • einem Sturz aus dem Stand oder Sitzen, welcher zu einem Bruch geführt hat

Eine Basisdiagnostik wird empfohlen.

Frauen und Männer über 70 Jahre

Auch ohne weitere Risikofaktoren sollte eine Basisdiagnostik durchgeführt werden.

Im Rahmen der Diagnostik werden sogenannte Therapieschwellenwerte ermittelt, die sich auf das Risiko von Knochenbrüchen innerhalb von drei Jahren beziehen (3-Jahres-Frakturrisiko). Abhängig von den Ergebnissen erfolgt anschließend gemäß den Leitlinien eine angepasste Therapie.

Eine Fraktur bleibt selten allein

Osteoporose bedeutet nicht einfach „ein bisschen schwächere Knochen“. Brüche können schwerwiegende Folgen haben: Schmerzen, Operationen, eingeschränkte Beweglichkeit und den Verlust von Selbstständigkeit.

Besonders ein Oberschenkelhalsbruch kann das Leben dauerhaft verändern. Viele Betroffene sind nach einer Fraktur im Alltag eingeschränkt – manche verlieren ihre Selbstständigkeit sogar vollständig. Deshalb ist es so wichtig, Osteoporose frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

30 %

erleiden innerhalb des ersten Jahres eine zweite Fraktur – wenn die Osteoporose unbehandelt bleibt.

Eine Hüftfraktur verändert das Leben – oft für immer.

40 %

können nicht mehr
selbstständig gehen

60 %

benötigen nach einem
Jahr Hilfe im Alltag

80 %

haben dauerhafte
Einschränkungen im Alltag

17 %

werden direkt in ein
Pflegeheim entlassen*

*Überleitung ins Pflegeheim innerhalb eines Jahres nach unbehandelter Indexfraktur

20 %

sterben innerhalb des
ersten Jahres (75+)

Osteoporose früh erkennen –
Brüche vermeiden!

Osteoporose bei Männern

Osteoporose gilt oft als „Frauenkrankheit“. Doch auch Männer sind betroffen – und zwar häufiger, als viele denken. Mit zunehmendem Alter steigt auch bei ihnen das Risiko für Knochenbrüche deutlich an. Problematisch: Bei Männern wird Osteoporose oft erst sehr spät erkannt, weil das Bewusstsein dafür fehlt. Dabei gilt: Auch Männer können und sollten ihre Knochengesundheit aktiv schützen – durch rechtzeitige Untersuchungen, eine ausgewogene Ernährung, Bewegung und ggf. eine gezielte Behandlung.
Insbesondere bei Männern, die wegen eines Prostatakarzinoms behandelt werden, kann es infolge einer Hormontherapie (antiandrogene Therapie) zu einem erheblich erhöhten Osteoporoserisiko kommen. Unter einer solchen Therapie steigt das Frakturrisiko innerhalb von fünf Jahren auf 20 bis 30 %, was dann wiederum zu Therapieabbrüchen oder entsprechenden Komplikationen führen kann.
Wenn Sie eine entsprechende Therapie erhalten, sprechen Sie Ihren Urologen auf ein Osteoporose-Screening an.